Das Greta-Syndrom

06.10.2019 00:00

In den vergangenen Jahrzehnten meines Lebens bis zur Jetztzeit konnte ich immer wieder eines beobachten: Diskussionen laufen häufig aus dem Ruder. Emotionale Äußerungen verdrängen bald sachliche Argumente, das Gegenüber im Streitgespräch wird zunehmend selbst zur Zielscheibe von Verbalattacken und das verbal angepeilte Ziel rutscht immer tiefer bis unterhalb der Gürtellinie.

Bei Greta Thunberg ist es nicht anders. Da hockte sich 2018, nachdem eine zuvor noch nie dagewesene Hitze- und Trockenperiode Schweden heimsuchte und zu großen Waldbränden führte, eine 15-Jährige mit einem handbeschriebenen Papptaferl  „Skolstrejk för klimatet“ vor den Schwedischen Reichstag. Was als kleiner persönlicher Protest begann, wurde zu einer gewaltigen Lawine, die Greta schlicht mitriss.  „Fridays for Future“ wurde eine globale Bewegung, Schüler in vielen Ländern schwänzten Schule und zogen demonstrierend durch die Straßen vieler Städte, Greta durfte zu hunderttausenden Demonstranten sprechen.

Andere Umweltaktivisten sprangen auf, Greta wurde vereinnamt für We Don’t Have Time AB, die damit viel Geld verdienen wollten, sie durfte mit einer Rennjacht über den Atlantik nach Amerika mitsegeln, viele Türen öffneten sich in Staatskanzleien und in den Audienzsaal des Papstes, in TV-Studios und in das Hauptquartier der UNO.  Sie durfte ihre Botschaft an viele Millionen Menschen richten, zuletzt beim UNO-Klimagipfel in einer vielbeachteten emotionalen Rede.

Einhergehend mit ihrer zunehmenden Popularität wurden auch die Stimmen ihrer Kritiker immer lauter. In sozialen Netzwerken wie facebook und Twitter poppten tausende Postings auf, worin sie belächelt, als psychisch krankes Kind, als verwöhnte oder gar als hässliche Göre beschimpft wurde. Verschwörungstheorien trieben groteske Blüten, unterstellt wurde ihr, durch ihre Aktivitäten die Umwelt noch viel mehr zu schädigen. Kritisiert wurden die Massen an Müll, die Klima-Demonstranten hinterließen. Filmemacher äußerten sich kritisch wegen ihrer Kompromisslosigkeit, Politiker sahen in ihren Botschaften „antidemokratischen Charakter“,  Staatsmänner wie Putin und Trump hielten sie für nett, aber unwissend und ein (wohl ironisch) „glückliches junges Mädchen“, Wissenschaftler vermissten wissenschaftliche Fundiertheit.  Sachliche Gegenargumente waren allerdings kaum darunter.

Mit der immer stärker werdenden Ablehnung und Beschimpfung Gretas rückten schließlich auch immer mehr aus, um sie zu verteidigen. Auch unter diesen prominente Persönlichkeiten, die die „alten Männer“ rüffelten, die offenbar Angst vor einer „16-Jährigen mit Superkräften“ bekommen hätten.

Die Fronten sind verhärtet, mit Argumenten keine Seite zu überzeugen, es herrscht Intoleranz wie in einem Glaubenskrieg….