SPÖ will Abschaffung des Wahlarzt-Systems

03.08.2016 00:00

Bildquelle: www.aerztezeitung.de

SPÖ-Gesundheitssprecher Erwin Spindelberger will Kostenrefundierung an Wahlärzte durch die Krankenkassen abschaffen, dafür soll es aber mehr Kassenarztstellen geben.

02.08.2016 |   (DiePresse.com)

Immer öfter werden Ärzte privat konsultiert, die Patienten holen sich dann einen Teil des Honorars von der Krankenkasse zurück. Geht es nach der SPÖ, könnte dieser Alternative zum Kassenarzt-Besuch bald ein Riegel vorgeschoben werden. "Ich hinterfrage, ob man Wahlärzte überhaupt braucht", sagte Gesundheitssprecher Erwin Spindelberger dem "Kurier".

Wahlarztrechnungen sollten von den Kassen nicht mehr refundiert werden. Bisher bekommen die Versicherten, die sich damit kürzere Wartezeiten auf einen Termin und mehr Zuwendung durch den Arzt erkaufen, 80 Prozent des entsprechenden Kassentarifs zurück.

"Könnte zusätzliche Kassenarztstellen schaffen"

"Mit dem Geld, das hier eingespart wird, könnte man zusätzliche Kassenarztstellen schaffen", so Spindelberger. Dies sollte maßgeschneidert für die Versicherten erfolgen, mit speziellen medizinischen Angeboten und längeren Öffnungszeiten.

Ärztevertreter beklagen immer wieder, dass die Zahl der Kassenärzte sinkt (was der Hauptverband der Sozialversicherungsträger zurückweist) und die Bedeutung der Wahlärzte zunimmt. Anders als Spindelberger fordert die Ärztekammer aber nicht die Abschaffung der Wahlarzt-Refundierung, sondern eine Aufwertung der Kassenarzt-Tätigkeit und die Schaffung zusätzlicher Planstellen für sie.

Kommentar:

Spindelbergers Vorstoß geht in die Richtung einer zentralen Planwirtschaft im Gesundheitssystem und würde die Zwei-Klassen-Medizin nur verschärfen, da dann nur Wohlhabende mehr Wahlärzte aufsuchen würden, die auf eine Refundierung nicht angewiesen sind. Nur noch Ärzte mit Kassenverträgen sollen Leistungen für kassenversicherte Kranke erbringen. Wer diese Verträge kennt und auch weiß, wie lächerlich die Tarife für die einzelnen ärztlichen Leistungen (z.B. im Vergleich zu Rechtsanwalthonoraren oder Notargebühren) sind, wundert sich nicht mehr, dass die Kassenpatienten im Fünf-Minutentakt durch die Ordinationen geschleust werden und werden müssen, wenn der Arzt wirtschaftlich überleben will. Zudem wird in diesen Knebelverträgen genau geregelt, welche Anzahl an Untersuchungen pro Quartal von den Kassen gezahlt wird – soviel und mehr nicht, auch die Ordinationszeiten werden vorgeschrieben und es wird auch vorgegeben, welche Medikamente bezahlt und welche nicht bezahlt werden. Dafür gibt es einen eigenen farbkodierten Katalog mit Grün, Hellgelb, Dunkelgelb, Rot und Schwarz. Die Entscheidungsfreiheit von Kassenärzten wird dadurch massiv eingeschränkt und häufig werden die besten Medikamente von den Kassen nicht bezahlt sondern nur ähnliche billigere und weniger gute. Und damit die Kassenärzte nicht in Versuchung kommen zu schummeln, machen die Kassen "Mysterieshopping" (falsche Patienten als anonyme Kontrolleure). Wie soll da ein Vertrauensverhältnis zwischen den Partnern entstehen?

Mein Vorschlag geht in die genau entgegengesetzte Richtung: Aufkündigung dieser Kassenknebelverträge durch die gesamte Ärzteschaft. Ärzte sollen wieder als Freiberufler agieren können und nur ihren Patienten verpflichtet sein (das sind sie durch den Hippokratischen Eid). Die Krankenkassen ihrerseits sollen einen Katalog all jener Leistungen erstellen, wofür sie und wieviel sie dafür bezahlen wollen. Dieser Katalog soll auch immer aktualisiert werden, um immer dem neuesten Stand der Medizin zu entsprechen.

Jedem Arzt soll es überlassen bleiben, weiterhin direkt mit den Kassen abzurechnen und deren Tarife zu akzeptieren oder aber, sollte die Leistung damit nicht ganz abgedeckt sein, einen gewissen Aufschlag dem Patienten zu verrechnen, wie es derzeit Wahlärzte auch tun. Ärzte und Kassen wären somit Partner auf Augenhöhe und die Patienten hätten eine medizinische Versorgung auf deutlich besserem Niveau, wofür sie vielleicht etwas selbst dazu zahlen müssten.

Kassenmedizin ist Massenmedizin

Alle Patienten sollten die Möglichkeit haben, die beste Medizin zu bekommen, auch wenn dafür eine gewisse Aufzahlung als Eigenleistung erforderlich wäre. Damit wäre die Zwei-Klassen-Medizin beseitigt und jede und jeder hätte eine Erste-Klasse-Behandlung. Funktioniert in anderen Ländern ganz gut.